Essay “Stadt als Improvisationsmaschine im Zeitalter der urbanisierten Gesellschaft.”
in: Wüstenrotstiftung (Hg.), Bedingt Planbar. Städtebau und Stadtentwicklung in Deutschland und Europa”, Ludwigsburg 2021
Können wir noch große städtebauliche Projekte planen und realisieren, ohne dass sie finanziell wie zeitlich aus dem Ruder laufen? Der Berliner Flughafen, die Elbphilharmonie in Hamburg und der Tiefbahnhof S21 in Stuttgart können daran Zweifel wecken. Doch wie sieht es jenseits dieser besonders intensiv diskutierten Vorhaben aus? Hat die Komplexität größerer städtebaulicher Projekte tatsächlich so stark zugenommen und ihre Akzeptanz ebenso stark abgenommen, dass sie nur noch bedingt planbar sind?
Umbruch und Neuorientierung durch Globalisierung, Digitalisierung, demografischen Wandel, Migration und wirtschaftsstrukturelle Veränderungen prägen aktuell die Entwicklung vieler Städte in Deutschland. Damit verbunden sind eine nachlassende Bindungskraft gemeinsamer Leitbilder und ein allgemeiner Verlust an Berechenbarkeit. So werden Städtebauprojekte immer wieder Gegenstand kontrovers geführter gesellschaftlicher Debatten. Wie können Städtebau und Stadtentwicklung auf diese Veränderungen reagieren? Wie kann unter derart veränderten Vorzeichen weiterhin hohe städtebauliche Qualität gewährleistet werden, und welche Kriterien gelten dabei?
DAS PROJEKT
Die Wüstenrot Stiftung leistet einen Beitrag zur fachlichen und öffentlichen Auseinandersetzung mit diesen Fragen. Auf Einladung der Stiftung diskutierten in einer Reihe von Workshops rund 40 Experten aus unterschiedlichen Disziplinen und fachlichen Zusammenhängen über aktuelle Projekte, wichtige Trends und Prozesse. Dabei sollten unterschiedliche Perspektiven der Betrachtung und Erörterung eröffnet und kein einzelnes Lösungsmotiv in den Mittelpunkt gerückt werden. Stattdessen wurden zentrale Fragestellungen in einem mehrstufigen und offenen Entwicklungsprozess auf breiter inhaltlicher Basis erörtert.
Aus diesem Diskussionsprozess mit Forschern/innen und Planern/inen entstand ein Positionspapier, dessen Kern ein Plädoyer für einen Perspektivwechsel und eine neue Haltung in Städtebau und Stadtentwicklung bildet. Damit kann ein Verlust an Berechenbarkeit und Kontrolle zugleich als eine wichtige Chance begriffen werden, um eine höhere Qualität der Beteiligung und in den Ergebnissen zu erreichen.
Eine direkte Auseinandersetzung mit den Inhalten des – einer breiten Fachöffentlichkeit zur Diskussion zur Verfügung stehenden – Positionspapiers erfolgte in zwei Werkstattgesprächen unter dem Titel „Bedingt planbar! Städtebau und Stadtentwicklung in Deutschland und Europa“ am 06.07.2016 in Berlin und am 16.11.2016 in Stuttgart.