Performative Installation: Brief. Work-in-progress

Posted on Sep. 24, 2001 in / Serial IFIT

Brief.
Work-in-progress 1998-

Art and life are not seperable in brief. They converge in a narration which syntax exclusively recurs on the written or painted sign. But on another level these signs are accompanied by the fixed signs of hotel logos, the defined postal signs of the envelope showing time and date the the letter has been dispatched. These signs inform us about the time of the writing and meeting. And so about the place were the artists has traveled himself. The visualization of the dates are differently according to the country in which the artist was staying and thus correspond to the places in which the letters as works originate. The date itself denotes the present, calls to mind the past and also implies the future and the history that is bound up with it.

Brief. Is a nonlinear diary, which introduces knots of the sudden into the autobiographical flow. Through the iterability of letterhead, letter and the day are equated, and thus represent the materialization of time. A material field of desire, embedded in urban contextualities unfolds. The letter becomes sign of the presence and directness in the threefold momentum of seeing, meeting and parting. The interaction that makes the letter possible turns into a narrative potential that outlines the space between the autonomous and the controlled intersubjectivity.
In aiming at special places in the context of the city, the letters also point to today and to the real everyday life of the viewer, to his own aging in relation to the site. The dates of the letters, in correspondence with the city, become a mirror of the here and now.

 


Überlegungen zu brief.

Kunst und Leben sind in brief. nicht zu trennen. Sie finden in einer Erzählung zusammen, deren narrative Syntax ausschliesslich auf Schrift, auf Handschrift rekurriert. Dennoch begleiten sie auf anderer Ebene die Logos der Hotels, die Datumsstempel der Post. Sie geben uns Auskunft über den Entstehungsort des Briefes. Dieser ist gleichzeitig auch der jeweilige Aufenthaltsort des Künstlers gewesen.

Auch wenn die Briefe in dem ausgewogenen Format der Hotelkonfektion verankert sind, so gibt der jeweilige, vom Künstler eingeladene und gewonnene Akteur durch sein Schriftbild jedem Brief sein individuelles Design. Jedes Schriftbild ist ein anderes.

Zwar ist der jeweilige Datumsstempel seriell, entpersönlicht doch bezeichnet er als solches Gegenwart, erinnert an Vergangenheit und impliziert eine Zukunft und eine damit verbundene Kreuzung von Geschichte: an diesem Knotenpunkt vernetzen sich die Biographien von Akteur und Künstler für einen Moment um sich dann, wahrscheinlich für immer, aus den Augen zu verlieren.

Das originale Schriftbild des Imaginären, die Erzählung von dem Begehren nach Raum, nach Orten stellt der photographierten Realität der Bilder eine weitergehende Vermittlung der Wirklichkeit eines Tages gegenüber. Das Improvisierte dieser Aufzeichnung von Begegnung, von Mitteilung dem Anderen gegenüber erzählt von einem Rest, den die Bilder nicht erfassen, einem unaufgeklärten Rest der über das Messbare hinaus sich bewegt.

brief. stellt ein nichtlineares Tagebuch dar, welches die Autobiographie in Schnittpunkte des Kairologischen, des Plötzlichen unterteilt und wieder auflöst. Zwar ist der Bezug zur Allgemeingültigkeit der postalen Datenerfassung gegeben, jedoch ist gleichzeitig eine momenthafte Intersubjektivität Träger des Inhalts. In der Iterierbarkeit von Briefbild und Tag eröffnet sich die Materialisierung von Zeit, ein materialles Feld der Kommunikation und des Wunsches- Grundparameter einer Mimesis des Künstlerischen. Das Briefbild als scheinbare Form von Zeitlosigkeit wiederspricht dabei keinsewegs der Thematisierung von Zeitverläufen: sie sind Produkt einer unabdingbaren Präsenz, einer Unhintergehbarkeit des Individuums in der Trias: Blick- Begegnung- Abschied.

Durch die Mitteilung der Lieblingsorte des Akteurs in der jeweiligen Stadt werden die Briefbilder inhaltlich zum Verweis auf die reale Lebenswirklichkeit des Einzelnen, werden zum Spiegel des hier und jetzt.

Entstanden in der Nullzone, im Unort (meist eine Hotellobby) gehen die Briefbilder ein Bündnis ein mit der Arbeit an biographischen Fragmenten. Der Künstler ist hier nicht autonom, sondern er braucht einen Akteur in der jeweiligen Stadt, in der er sich gerade aufhält. Die Un-Künstlichkeit des Aktuers, seine Authentizität bringt so elegant den Weltbezug zurück ins Werk und in den neutralen Raum einer Kunstproduktion. Die Interaktion wird zum erzählerischen Potential, das den Raum des Autonomen entgrenzt. Dabei ist die Erzählung nie linear, sondern bruchstückhaft. Es sind Momente, die auf ein Geschehen-Sein und Geschehen-Können hindeuten und so zur Brücke werden zwischen den Kategorien Malerei, Architektur und Soziologie.

In der seriellen Reihung der Briefe entsteht für den Betrachter ein Moment der Kontemplation über das, was gewesen sein könnte, darüber, wie die Orte aussehen könnten. Eine eigene Fläche der Projektion entsteht und überlagert die der Schriftbilder.

„Was mich interessiert hat, war einfach die Problemstellung, die verschiedenen Ebenen (Raum, Zeit, Kommunikation, Abwesenheit, Anwesenheit) zu verbinden. Also das Zeichenhafte, Entindividualisierte und den Moment der Begegnung, der absoluten Zeit. Das Schwierigste an dem Unterfangen ist sicherlich die Kontaktaufnahme. Du hast ja meist nicht viel Zeit, bist schon wieder auf dem Sprung zum nächsten Ort oder so. Du musst also aufmachen, dich ganz auf die Gewinnung des Anderen konzentrieren. Der oder die kennt dich ja überhaupt nicht. Wieso soll er/sie dann sowas Intimes über sich preisgeben? Viele haben auch noch gar nicht so bewusst über ihre Lieblingsorte nachgedacht. Manchmal sprudelt es dann richtig raus. Manchmal kommt aber auch gar nichts. Manchmal bekomme ich noch Erklärungen zu den Briefen mündlich, die sind dann weg. Wenn ich mich heute versuche an die verschiedenen Gesichter zu erinnern, denen ich begegnet bin, so fällt mir das sehr schwer. Manche tauchen noch schemenhaft auf, andere sind ganz weg. Trotzdem haben die Briefe heute etwas sehr Verbundenes, gleichzeitig auch Geheimnisvolles. Das ist das Gute daran, nicht mit Fotos zu arbeiten. In meinem Ohr weiss ich: diese Menschen haben sich mir im Moment geöffnet.“