Verleihung Hessischer Jazzpreis
Verleihung des Hessischen Jazzpreises 2022 an Christopher Dell
Preisträgerkonzert
Dell – Lillinger – Westergaard
Laudatio: George E. Lewis, Columbia University, New York
Christopher Dell, Vibraphon
Christian Lillinger, Schlagzeug
Jonas Westergaard, Bass
Bei Dell „liegen expressive Virtuosität und ein feines Gespür für den Bandsound, rhythmische Abstraktion und die Kunst der perfekten harmonischen Phrasierung manchmal nur Mallet-Schläge auseinander“, heißt es in der Begründung der hessischen Jazzjury. „Als habilitierter Gesellschaftstheoretiker und Architekturforscher ist ihm der analytische Blick für die Bedeutung der Improvisation nicht fremd – in musikalischem und in gesellschaftlichem Zusammenhang. In seinem Schaffen verbindet Christopher Dell idealtypisch beides: Gespür für die Jazzmusik und intellektuelle Kontextualisierung ihres zentralen Wesenszugs. Die virtuose Genialität ist ihm suspekt, dafür sind Struktur, Komplexität und Information zentrale Begriffe im Kosmos Christopher Dells. Insbesondere mit seinen egalitären Trios D.R.A. (Dell/Ramond/Astor) und DLW (Dell/Lillinger/Westergaard) verfolgt er diese musikalische Philosophie seit bald zwei Jahrzehnten konsequent.“
Prof. Dr. habil. Christopher Dell, 1965 in Darmstadt geboren, hat seine Ausbildung in den Niederlanden und den USA genossen. Zu seinen Lehrern und Begleitern gehören Gary Burton, Karl-Heinz Stockhausen, John Tchicai, Wolfgang Rihm und Bob Degen. Dell lebt in Berlin, lehrt als Hochschuldozent für Urbanistik und Stadtplanung in Hamburg, Berlin und Wien und von diesem Jahr an auch in Paris. In der Wahrnehmung der Jazzszene ist er dennoch stets ein hessischer Musiker geblieben, nicht nur, weil er regelmäßig in der Alten Oper oder beim Deutschen Jazzfestival in Frankfurt auftritt, sondern auch im Darmstädter Kulturzentrum Bessunger Knabenschule oder im Frankfurter Mousonturm.
Mit freundlicher Unterstützung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, des Sparkassen- und Giroverbands Hessen-Thüringen und des Kulturfonds Frankfurt RheinMain.
Dell – Lillinger – Westergaard
Auf der Suche nach einer neuen musikalischen Ästhetik bewegt sich das international anerkannte Komponisten-Trio Dell-Lillinger-Westergaard zwischen zeitgenössischer, experimenteller und Avantgarde-Musik. Das Komponisten-Trio besteht aus Christopher Dell, Christian Lillinger und Jonas Westergaard, die zu gleichen Teilen als Komponisten, Interpreten und Solisten auftreten.
Die Musik von Dell-Lillinger-Westergaard zeichnet sich durch ihre energetische Intensität, Körperlichkeit und architektonische Komplexität aus. Die Musik sprengt alle Genregrenzen und ist geprägt von einer großen Tiefe und Plastizität. In einem hochgradig immersiven Prozess wird die Musik gleichzeitig untersucht und erschaffen, wobei eine faszinierende Welt von lebendigem klanglichem und strukturellem Reichtum beleuchtet und geschaffen wird. Es werden innovative kompositorische Verfahren und Konzeptionen entwickelt.
DLW definieren sich als Vertreter der Neuen Musik, was die Richtung ihres Schaffens vorgibt: In direkter Anlehnung an die heroische Moderne des Serialismus, des Strukturalismus und der musique concrete sowie deren Verfahren sucht das Komponistenkollektiv die unerforschten Qualitäten der Neuen Musik zu erschließen. Auf diese Weise schaffen sie einen fruchtbaren Boden für zeitgemäße und zukunftsweisende Werke.
Seit seiner Gründung im Jahr 2011 forscht Dell-Lillinger-Westergaard (DLW) an energetischem Spiel und struktureller Komposition.
DLW hat zahlreiche Produktionen veröffentlicht und ist weltweit aufgetreten. Das Doppelalbum “Grammar” (gligg, 2013) zeigt den spezifischen strukturellen Ansatz des Trios zur Formfindung aus verschiedenen Perspektiven.
DLW arbeitet auch als Plug-in-Struktur und schafft Raum für Gäste, die ihren spezifischen Charakter in den Sound des Komponisten-Trios einbringen. Die Zusammenarbeit begann mit dem 2012 verstorbenen John Tchicai, dokumentiert auf dem preisgekrönten Album “The Traveller”. Für die Aufnahme “Boulez Materialism”, die 2018 bei PLAIST erschien, ging DLW eine Zusammenarbeit mit dem experimentellen Elektronikkünstler Johannes Brecht ein. Weitere Kollaborationen umfassen die renommierten Pianisten Tamara Stefanovich, Bob Degen sowie Søren Kjærgaard.
Im Jahr 2019 setzten DLW die Erkundung ihrer musikalischen Grammatik mit dem Album “Grammar II” fort, das ebenfalls auf PLAIST erschien.
Im Jahr 2022 veröffentlichte das Komponisten-Trio eine Fülle von Musik. Die Veröffentlichung “Monuments” mit dem amerikanischen Komponisten und Interpreten Mat Maneri erschien im März 2022. Der Stil des Bratschenvirtuosen zeichnet sich durch mikrotonale Konzepte und offene Kompositionen aus. Er fügt sich perfekt in den strukturellen Ansatz von DLW ein und erweitert ihn in seinem harmonischen Klangraum. Mit dem amerikanischen Pianisten Bob Degen arbeitete DLW an dem Doppelalbum “Supermodern Vol. 1” (HGBS). Im Juni 2022 wurde das Werk “SDLW” bei bastille musique/ PLAIST veröffentlicht, eine Zusammenarbeit mit der Pianistin Tamara Stefanovich.